Ich erlebe momentan, dass die Vergabeexperten lebhaft diskutieren. Sie sollen die politisch initiierten Nachhaltigkeitsaspekte in Vergabeverfahren rechtssicher einführen. Gleichzeitig sehe ich, wie Lieferanten, Firmen und Interessensverbände am gleichen Thema arbeiten. Sie wollen belastbare und vergleichbare Kennzahlen für ihre Produkte und Prozesse ermitteln. Spezifische Kennzahlen sind nötig. Sie schaffen Vergleichbarkeit und wettbewerbsrechtliche Transparenz.
Vieles hat sich in den letzten Jahren in diesem Kontext verändert. Das ist zurecht so. Die Beteiligten kümmern sich umfangreich um die Zukunftsaufgabe. Das ist gut.
Was hierbei zu selten betrachtet wird, sind die relevanten Prozesse, die zuvor stattfinden.
Ich bin überzeugt, dass wir ein erstes Ziel haben müssen. Wir sollten durch rechtzeitiges Handeln umfangreichen Ressourcenverbrauch verhindern. Im besten Fall sollte dieser gar nicht erst entstehen.
Bezogen auf die nicht nur kommunalen Infrastrukturanlagen gilt es deshalb zudem drei grundlegende Aspekte zu beherzigen:
1. Rechtzeitiges Handeln
Das rechtzeitige Instandsetzen auftretender Schäden bzw. das Reinvestieren in die bestehende Substanz sichert bestehende Ressourcen. Ein Komplettersatz oder besonders aufwändige Sanierungen werden durch frühzeitiges Erkennen und konsequentes Agieren vermieden. Die Nutzungsdauer von Bestandsanlagen (Ressourcen) lässt sich dadurch auf Jahre und Jahrzehnte hinaus verlängern.
2. Beste Qualität
Wenn dann Handlungsbedarf für Bauarbeiten besteht, muss man die Maßnahmen in höchster Qualität umsetzen. Auch hier zählt vor allem die bestmögliche Nutzungsdauer!
Kaum etwas spart mehr an Umweltbelastung ein, als die notwendigen Maßnahmen „richtig“ durchzuführen. Dies erreichen wir, wenn
Wenn wir uns hierauf einigen, wird etwas deutlich. Der Fokus auf „billig“ und „wenig ausgeben wollen“ stört die eigentliche Zielsetzung im Vergabebereich.
Dies führt zu einem weiteren Aspekt.
3. Korrektes Vergabeverfahren
Nachhaltigkeit beginnt mit der Auswahl geeigneter Dienstleister, z.B. im Planungsbereich. Die Vergabeverfahren selbst sind ein wesentlicher Bestandteil zum Schaffen von nachhaltigem Handeln.
Nur ein "Leistungswettbewerb" kann den gegebenen Rechtsgrundlagen genügen. Ich meine dabei das Vergaberecht (z.B. GWB, VgV, SektVO, UVgO) und das neue kommunale Haushaltsrecht (NKHR). Beide Rechtsbereiche verlangen eine Output-Orientierung. Der zumeist praktizierte Preiswettbewerb bewirkt das krasse Gegenteil. Dies gilt besonders im Bereich des Bauens und der (kommunalen) Infrastruktur.
Die meisten Vergabestellen müssen sich neu vor Augen führen, was sie anrichten, wenn sie das Vergabeziel „wirtschaftlich“ mit „billig“ gleichsetzen.
Die reine Preisorientierung kann man kommunalrechtlich nicht begründen. Das öffentlich-rechtlich gebotene „Sparsamkeitsprinzip“ ist mit dem neuen kommunalen Haushaltsrecht neu definiert. Sparsam agiert nun, wer die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund stellt. Wirtschaftlichkeit setzt eine optimale Leistung voraus, die möglichst langlebig ist. Wer nach dem billigsten Angebot schielt, erreicht genau das Gegenteil und das zum Nachteil der eigenen Organisation und der Bürgerinnen und Bürger.
Vergaben haben keinen Selbstzweck. Sie sind Mittel zum Zweck. Wir müssen diese ganzheitlich betrachten.
Nachhaltiges Handeln beginnt mit Verständnis und Verantwortungsbewusstsein, lange bevor jemand etwas vergibt. Es erfordert konsequentes Handeln in allen Phasen unseres Tuns.